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Nachhaltiges Bewusstsein durch wirkungsvolle Aktionen & Entscheidungen

Im Interview mit Sandra Spielbrink, Sustainability Manager & Special Strategic Project bei der SENEC GmbH

Juli 2023

Sarah: Liebe Sandra, schön, dass wir Zeit gefunden haben für ein Gespräch. Ich bin sehr gespannt, mehr darüber zu erfahren, wie ihr das Thema ökologische Nachhaltigkeit im Unternehmen verankert und welche Aktivitäten ihr treibt. Würdest du dich zum Start bitte kurz vorstellen?

 

Sandra: Ich bin jetzt seit zwei Jahren bei der SENEC tätig und bin in meiner Rolle im Spannungsfeld von Nachhaltigkeit, Employer Branding und New Work tätig. Dazu zählt z.B. die Frage wie wir Nachhaltigkeit nach innen aber auch nach außen auf Produktebene stärken können oder z.B. die Aufgabe, unseren neuen Unternehmensstandort so zu gestalten, dass die zukünftigen und aktuellen Anforderungen unserer Mitarbeitenden getroffen werden. Wir stellen uns die Frage, wie wir uns das Arbeiten bei der SENEC in der Zukunft vorstellen. Da ist meine Aufgabe auch insbesondere für das Thema Nachhaltigkeit auf ganzheitlicher Ebene zu sensibilisieren, d.h. nicht nur ökologische Nachhaltigkeit zu betrachten, sondern auch zu überlegen, wie der Mensch im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit noch stärker in den Fokus gestellt werden kann.

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Sarah: Wie geht ihr insgesamt das Thema Umwelt- und Klimaschutz im Unternehmen an? Was motiviert euch am meisten?

 

Sandra: Zum einen gibt es bei uns im Unternehmen schon eine sehr große intrinsische Motivation. Viele von den Mitarbeitenden kommen zu uns, z.B. aus der Automobil-Branche, weil sie Teil der Energiewende sein und an Produkten arbeiten wollen, die wirklich einen Impact haben. Denn durch die Heiz- und Stromtechnik, die wir in Häusern verbauen, können wir eine nahezu klimaneutrale Versorgung erreichen.

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Zum anderen werden die Mitarbeitenden durch unterschiedliche Maßnahmen, die wir sehr aktiv leben, mit den Umwelt- und Klimafragen konfrontiert bzw. immer wieder erinnert. Das sind kleine Dinge, wie z.B., dass es Hafermilch als Alternative am Kaffeeautomaten gibt, als auch sehr große einschneidende Dinge, wie z.B. die Umstellung der Travel Policy, so dass unsere Mitarbeitenden innerdeutsch nicht mehr fliegen dürfen, sondern bestenfalls mit dem Zug fahren müssen. Das war für viele Mitarbeitende eine große Umstellung.

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Außerdem verkleinern wir unseren Fuhrpark kontinuierlich bzw. stellen diesen auf rein elektrisch betriebene PKWs um. Der Fuhrpark vom Vertriebsaußendienst stellt hierbei die größte Herausforderung dar und wird nach und nach auf Hybrid umgestellt. Der Großteil der Führungskräfte bei uns haben keinen Dienstwagen, da wird ein Riegel davorgeschoben – bei Bedarf können sie eine Bahncard 25, 50 oder 100 beantragen. Dies gilt abhängig von der Rolle und den Aufgaben für alle Mitarbeitenden der SENEC. Das ist ein deutliches Zeichen, mit dem sicherlich der ein oder andere nicht gerechnet hat. Und das strahlt auch auf die Bereiche ab. Die Geschäftsführung stärkt dieses Bewusstsein und stellt sich bei vielen Entscheidungen immer wieder die Frage, ob es im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit ist.

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Sarah: Wo konkret setzt ihr beim Thema ökologische Nachhaltigkeit an?

 

Sandra: Bei Maßnahmen, die nach innen gerichtet sind und den Carbon Footprint betreffen, können wir sehr klar einzelne Hebel adressieren und die Veränderung relativ deutlich aufzeigen.

Maßnahmen, die eher die Produkte betreffen, wo wir in die Serie einwirken und Produktionslinien verändern müssten, ist es eher schwieriger schnelle Entscheidungen zu treffen und kurzfristig etwas zu ändern. Da braucht es eine langfristige Strategie, die auch einen ökonomischen Effekt mit sich bringt.

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Aber bei den Dingen, die wir intern besser machen und Maßnahmen ausrufen können, da versuchen wir regelmäßig zu sensibilisieren und die Konsequenzen von bestimmten Verhaltensweisen  aufzuzeigen. Zum Beispiel hat die Art und Weise, wie ich zur Arbeit fahre, eine Auswirkung auf die individuelle Klimawirkung und damit auch auf den Footprint der SENEC. Wir versuchen an der Stelle Anreize zu schaffen, aber können und möchten keine Verbote aussprechen. Ob der Mitarbeitende dann das Fahrrad nimmt, ist seine eigene Entscheidung.

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Sarah: Wie konkret motiviert ihr die Mitarbeitenden? Wie versucht ihr, Anreize zu setzen?

 

Sandra: Wir zeigen auf, welchen Impact ein Verhalten hat. Wir haben jetzt das zweite Jahr in Folge den Corporate Carbon Footprint berechnet. Der ist fairerweise auch deutlich schlechter geworden, weil z.B. die primäre Datenlage besser geworden ist, Effekte durch Corona weggefallen und Geschäftsreisen wieder angestiegen sind. Und auch die Zahl an Mitarbeitenden ist stark gewachsen, was einen großen Unterschied macht. Pro Kopf ist der Footprint allerdings gesunken.

 

Zudem organisiere ich einmal im Monat eine Deep-Dive Online-Session. Die Teilnahme ist freiwillig. Es steht ein allgemeineres Thema im Vordergrund, was jeden einzelnen betrifft, z.B. die Auswirkung von Ernährung oder Mobilität. Viele haben hier doch noch nicht so viel Wissen oder haben sich damit noch nicht in der Tiefe auseinandergesetzt. Wir versuchen, einfache Ideen mitzugeben. Dinge, die man vielleicht tagtäglich ändern kann. Aber wir diskutieren teilweise auch auf größerer Ebene, z.B. was es bedeutet, dass Leipzig als Stadt bis 2030 klimaneutral sein müsste. Wie kann so eine utopische Stadt der Zukunft aussehen und welche Maßnahmen sind geplant oder auch nicht geplant.

 

Und dann versuchen wir den Bogen dahin zu spannen, welchen Beitrag die Firma aber auch jede:r Einzelne leisten kann. Mir ist sehr wichtig, Impulse zur Veränderung zu geben und Fakten aufzuzeigen, welche Auswirkungen unser Verhalten hat und was wir als SENEC für Auswirkungen haben. Wir haben einen Impact über die Art und Weise, wie wir zur Arbeit fahren, wie wir uns ernähren und wie wir konsumieren. Das ist eine Entscheidung, die wir jeden Tag treffen. Und da darf man nicht aufhören, sich immer wieder Gedanken zu machen.

 

Wir haben auch schon Aktionen, wie z.B. eine Baumpflanzaktion und eine Müllsammelaktion durchgeführt. Jetzt im Juni haben wir bei der Messe Intersolar zum zweiten Mal mit TRASH GALORE zusammengearbeitet, einem Unternehmen aus Leipzig, das sich dafür einsetzt, Abfälle von Messen und Veranstaltungen zu reduzieren. Da haben wir beispielsweise sehr sichtbar aufgezeigt, wie wir durch die Entwicklung unseres neuen Messestands Müll reduziert haben, weil wir ganz viele Objekte am neuen Standort weiterverwenden. Und damit haben wir auch klar aufgezeigt, dass das i.d.R. sonst alles weggeworfen wird. Auf so einer Messe entsteht unfassbar viel Müll, der einfach für 4 Tage Nutzung produziert wird. Viele fanden es sehr gut, dass wir das aufgezeigt haben und so transparent damit umgehen.

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Sarah: In welchen Konstellationen packt ihr an? Mit wem arbeitest du in den Themen zusammen?

 

Sandra: Bei den Deep Dives hilft mir eine Werkstudentin. Für die Erstellung des Carbon Footprint hatten wir kurzfristig ein kleines Projektteam zusammengerufen, weil wir auf Daten von allen möglichen Abteilungen angewiesen waren, insbesondere auch aus dem Controlling-Bereich. Bei anderen Aktionen gehe ich auf Leute zu, von denen ich weiß, dass sie eine hohe Motivation haben und sie bereit sind, die Extra-Meile zu gehen. Andere Themen packe ich allein an, weil es mir dann wichtig ist, das zu machen. Andere Aktionen sind wiederum ganz klare Ansagen von oben.

 

Es gibt auch vereinzelte Fachbereiche, wie beispielsweise unser Marketing-Team, für welche Nachhaltigkeit sehr wichtig ist und die sich immer für die Option entscheiden, die besonders nachhaltig ist, auch wenn sie dafür 10% mehr ausgeben müssen. Das Team hat sich zur Nachhaltigkeit committed.

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Sarah: Könntest du bitte nochmal auf die beiden Aktionen eingehen, die du genannt hast: Baumpflanzaktion und Müllsammelaktion. Wie ist das entstanden? Wer hat da mitgemacht? Wie kam es an?

 

Sandra: Die Baumpflanzaktion war eine Aktion, mit welcher wir sensibilisieren wollten. Wir sind mit den Führungskräften ins Erzgebirge zum Bäume pflanzen gefahren (Bergwaldprojekt e.V.). Das hatte so einen Teambuilding-Charakter und kam auch sehr gut an. Es tat vielen gut, mal aus ihrem Kontext heraus und in den Wald zu gehen. Es war beispielsweise schon krass für alle mitzuerleben, wie trocken der Boden im Erzgebirge ist: Wie tief muss ich eigentlich graben, damit ich wirklich einen Setzling vernünftig einsetzen kann? Das war sehr eindringlich für die Führungskräfte. Die Versorgung vor Ort haben wir z.B. mithilfe von gerettetem Gemüse organisiert. Die Anreise erfolgte gemeinsam in einem Reisebus.

 

Die Müllsammelaktion haben wir aus unserem HR-Team heraus als Teamevent organsiert, bei dem wir etwas Sinnstiftendes machen wollten. Das haben wir über die Stadtreinigung Leipzig organisiert, was sehr einfach funktioniert. Wir sind hingefahren, haben die Sachen abgeholt und die vollen Müllsäcke konnten wir neben der Mülltonne stehen lassen. Also eine einfache Aktion, die auch nicht kostenintensiv ist. Spannend war auch, dass neugierige Passanten auf uns zukamen, die mehr wissen wollten und daher auch direkt sensibilisiert wurden.

 

Wir hatten noch andere Waldpflanzaktionen (z.B. über LEIPZIG pflanzt) und eine Aktion zur Waldwiesenpflege (über Dübener Heide Naturpark) für alle Mitarbeitenden. Diese haben wir als Gewinnspiel organisiert, indem 20 Leute als Gewinner gezogen wurden, die dann mitfahren durften. Die Ausflüge finden zum Teil während der Arbeitszeit und zum Teil freiwillig am Wochenende statt. Die Aktionen kommen gut an, weil es auch abteilungsübergreifend ist und gerade bei einem stark wachsenden Unternehmen, wo auch viele mobil arbeiten, eine tolle Möglichkeit ist, neue Kolleg:innen kennenzulernen. Das man draußen in der Natur ein wenig innehält, ein bisschen reflektiert – das hat schon einen sehr bewusstseinsfördernden Charakter.

 

Sarah: Gerne würde ich dich nochmal näher zu eurem neuen Standort befragen. Wie geht ihr hier das Thema Umwelt- und Klimaschutz an? Über welche Entscheidungen bist du froh und welche deiner Vorstellungen sind noch offen?

 

Sandra: Die größte Entscheidung, die wir überhaupt treffen könnten, war die für die Revitalisierung eines Bestandsgebäude und gegen einen Neubau. Damit können wir jegliche neue Bodenversiegelung vermeiden. Zudem bekommt das neue Gebäude vollflächig eine PV-Anlage – auch das finde ich ein richtig cooles Zeichen. Dann können wir direkt am Bildschirm zeigen, wie viele CO2-Emissionen wir durch die eigene Stromerzeugung einsparen. So können wir auch den Mitarbeitenden, die nicht produktnah tätig sind, unsere Produkte näherbringen und aufzeigen, wie alles miteinander zusammenhängt.

 

Was wir derzeit noch am meisten diskutieren, ist das Betreiberkonzept vom künftigen Bistro. Wie können wir die Versorgung so gestalten, dass nicht jeden Tag angeliefert werden muss, dass wir trotzdem frische und vor allem regionale und saisonale Zutaten nutzen, dass wir auf ein 100% funktionierendes Mehrwegsystem umsteigen und Abfälle maximal vermeiden. Da ist es mittlerweile möglich mit Anbietern wie z.B. Recup in Kooperation zu gehen, was allerdings für viele Betreiber noch neu ist. Und eine wichtige Frage ist auch, wie viel Fleisch eigentlich angeboten werden muss und ob wir auch mit z.B. zwei fleischlosen Tagen pro Woche auskommen können oder ob das Fleischgericht nicht mehr subventioniert werden darf. Das wäre eine sehr eindringliche Veränderung, um das Bewusstsein zu schärfen.

Es wäre natürlich toll, wenn wir alles mit Geothermie anschließen und überwiegend Fernwärme bekommen, was aufgrund des Bestandsgebäudes nicht so einfach ist. Da müssen wir sukzessive umstellen.

 

Wir haben bisher auch noch einiges an Papier – Digitalisierung von Prozessen ist auch ein weiteres Ziel. Auch Rechenzentren, die von uns zukünftig betrieben werden, sollen ausschließlich grüne Rechenzentren sein. Allerdings ist auch hier dafür zu sensibilisieren, dass Datenvermeidung bzw. -reduktion der bessere Weg ist. Ist es z.B. notwendig, dass die Daten alle 15 Minuten synchronisiert werden oder kann ich die Zeitspanne strecken?

 

Bei all den Gedanken darf man auch nicht vergessen, dass wir uns in einem Lernprozess befinden. Wir haben uns auf den Weg gemacht und wir müssen sehr unterschiedliche Menschen vom Lageristen zum Ingenieur zusammenbringen und deren Bedürfnisse berücksichtigen. Ziel ist, immer mehr in die richtige Richtung zu gehen und immer mehr aufzuzeigen, wie wir Dinge verbessern können und unsere Klimawirkung langfristig deutlich reduzieren können. Das ist eine Bewusstseinsschaffung.

 

Sarah: Gerne würde ich dir noch eine letzte Frage stellen: Wenn andere Unternehmen damit anfangen wollen, sich ökologisch nachhaltiger auszurichten, wo sollten sie starten und welche Tipps kannst du ihnen mitgeben?

 

Sandra: Ich würde bei der Berechnung des Corporate Carbon Footprints starten. Es muss auch beim ersten Mal nicht so sehr in die Tiefe gehen. Aber so kann mal als Unternehmen sich erst einmal über die Haupttreiber Gedanken machen, z.B. woher kommt der Strom, wie sind wir mit Wärme versorgt – das sind meist schon richtig große Treiber.

Und dann würde ich zuallererst etwas machen, was schon sehr plakativ ist. Das war bei uns beispielsweise die einschneidende Veränderung der Travel Policy, die auch mit der Einführung einer Software einherging. Also eine Maßnahme zu ergreifen, die eigentlich jeden Mitarbeitenden betrifft, damit alle merken, dass hier jetzt etwas verändert wird. Ein Beispiel wäre z.B. auch einen fleischfreien Tag in der Kantine einzuführen. Auch das hat eine große Wirkung, auch wenn es zunächst erst einmal einigen weh tut.

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Sarah: Vielen, herzlichen Dank!

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