Ökologische Nachhaltigkeit wird nicht mehr nur auf fachinternen Plattformen diskutiert, sondern bekommt immer mehr Aufmerksamkeit auf allen Ebenen von Organisationen. Viele Unternehmen sind bestrebt, ökologisch nachhaltiger zu werden - nicht nur um staatliche Vorschriften zu erfüllen, sondern vor allem auch aufgrund der Motivation und der Notwendigkeit, durch das eigene Handeln und Tun die biologische Vielfalt zu schützen und Umweltverschmutzung zu reduzieren.
Umweltfreundliches Verhalten von Beschäftigten (Employee Green Behavior, kurz: EGB) ist ein Konstrukt, das in den letzten zwei Jahrzehnten in zahlreichen empirischen Studien untersucht wurde. Es umfasst Handlungen und Verhaltensweisen auf der Ebene der Beschäftigten, die mit ökologischer Nachhaltigkeit verbunden sind, einen Beitrag leisten oder sie beeinträchtigen. Durch die Förderung von EGB können Organisationen einen Beitrag zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit leisten.
Auf Basis einer empirischen Überblicksstudie von Katz und Kollegen (2022; k = 135 unabhängige Stichproben; N = 47.442 Beschäftigte) wollen wir in diesem Beitrag einen Überblick über die aktuelle Forschung zu den Zusammenhängen von umweltfreundlichem Verhalten mit demographischen Merkmalen, individuellen Unterschieden sowie arbeitsbezogenen Wahrnehmungen und Einstellungen geben.
Ältere Beschäftigte zeigen sich engagierter
In Bezug auf demographische Merkmale konnte gezeigt werden, dass mit zunehmendem Alter umweltfreundliche Verhaltensweisen steigen, was möglicherweise auf die verstärkte Sorge um zukünftige Generationen bei älteren Beschäftigten zurückzuführen ist. Zudem konnte gezeigt werden, dass auch eine längere Betriebszugehörigkeit positiv mit EGB in Zusammenhang steht. Was das Geschlecht betrifft, so deuten frühere Studien darauf hin, dass Frauen sich umweltfreundlicher verhalten als Männer - diese Ergebnisse konnten allerdings durch die Analyse der Autoren nicht bestätigt werden. Jedoch konnte gezeigt werden, dass ein höherer Bildungsgrad ebenfalls mit stärkerem Engagement in EGB zusammenhängt.
Gibt es eine umweltfreundliche Persönlichkeit?
Im Hinblick auf Persönlichkeitsmerkmale haben sich die Autoren angeschaut, inwiefern die Big Five in Zusammenhang mit umweltfreundlichem Verhalten stehen. Die Big Five sind ein universell anerkanntes, psychologisches Modell zur Charakterisierung von Persönlichkeit. Es konnte gezeigt werden, dass insbesondere der Faktor Offenheit für Erfahrungen in einem positiven Zusammenhang mit umweltfreundlichem Engagement am Arbeitsplatz steht, da offene Menschen i.d.R. dazu neigen, stärkere Umweltwerte zu vertreten. Auch Gewissenhaftigkeit steht in einem positiven Zusammenhang mit EGB, da gewissenhafte Beschäftigte eher Verhaltensweisen an den Tag legen, die sowohl mit ihren moralischen Prinzipien als auch mit den Unternehmenszielen übereinstimmen. Es konnten keine Zusammenhänge von EGB und Extraversion, Verträglichkeit sowie Neurotizismus gefunden werden. Zusätzlich zu den Big Five konnte auch ein positiver Zusammenhang von umweltfreundlichen Verhaltensweisen und moralischer Reflektiertheit sowie Selbstwirksamkeit bestätigt werden.
Die umweltfreundliche Arbeitsumgebung spielt eine wesentliche Rolle für das individuelle Verhalten
Umweltfreundliches Verhalten am Arbeitsplatz hängt zudem sehr stark mit der Wahrnehmung von umweltbezogenen Merkmalen am Arbeitsplatz zusammen, d.h. inwieweit Beschäftigte ihren Arbeitskontext als umweltfreundlich wahrnehmen. Hier steht EGB vor allem im positiven Zusammenhang mit der Wahrnehmung von grünem Personalmanagement, Corporate Social Responsibility Aktivitäten (soziale Unternehmensverantwortung), einem grünen psychologischen Klima sowie der wahrgenommenen organisatorischen Unterstützung. Ein grünes psychologisches Klima bezieht sich auf die Wahrnehmung von Beschäftigten, dass die Organisation ihre grünen Standards kontinuierlich verbessert. Auch eine grüne transformationale und dienende Führung, sowie die wahrgenommene Unterstützung durch Vorgesetzte stehen in positivem Zusammenhang mit umweltfreundlichen Verhaltensweisen von Beschäftigten. Eine grüne transformationale Führung umfasst Verhaltensweisen von Führungskräften, die ihre Beschäftigten motivieren, Umweltziele zu erreichen, und sie zu Leistungen anspornen, die über das erwartete Maß an Umweltleistung hinausgehen. Eine grüne dienende Führung hingegen bezieht sich stärker auf Verhaltensweisen von Führungskräften, die sich auf die Befähigung und Entwicklung von Beschäftigten zu mehr Umweltbewusstsein auswirken, indem die Führungskräfte den bestmöglichen Rahmen dafür schaffen. Solche Führungsverhaltensweisen wirken sich positiv auf die Umsetzung von EGB aus, insbesondere wenn Führungskräfte ihre Beschäftigten dazu ermutigen, über den Kontext ihres Arbeitsplatzes oder ihrer Organisation hinaus zu denken und sich stattdessen auf systemische oder gesellschaftliche Herausforderungen, wie z.B. ökologische Nachhaltigkeit, zu konzentrieren.
Umweltfreundlichen Verhalten steht in Beziehung zu positiven Arbeitseinstellungen
Allgemein positive Einstellungen zum Arbeitsplatz sind ebenfalls ein wichtiges Bindeglied zwischen Nachhaltigkeits-Initiativen auf Unternehmensebene und der Umsetzung von umweltfreundlichen Verhaltensweisen auf der individuellen Ebene. So konnte gezeigt werden, dass Arbeitszufriedenheit, organisationales Engagement und Identifikation mit dem Unternehmen positiv mit umweltfreundlichen Verhaltensweisen in Wechselwirkung stehen.
Umweltfreundliche Einstellungen und Absichten hängen positiv mit umweltfreundlichem Verhalten zusammen
Zudem wurde in der Studie die Theory of Planned Behavior (TPB) als theoretischer Rahmen vorgeschlagen, um noch besser zu verstehen, warum sich Individuen umweltfreundlich verhalten. Es konnte gezeigt werden, dass umweltfreundliche Einstellungen, Normen, wahrgenommene Verhaltenskontrolle und Verhaltensabsichten als wichtige Prädiktoren für umweltfreundliches Verhalten gelten.
"Viele Unternehmen sind bestrebt, ökologisch nachhaltiger zu werden - nicht nur um staatliche Vorschriften zu erfüllen, sondern vor allem auch aufgrund der Motivation und der Notwendigkeit, durch das eigene Handeln und Tun die biologische Vielfalt zu schützen und Umweltverschmutzung zu reduzieren."
So what - was bedeuten die Ergebnisse für die Praxis?
Unternehmen und HR-Verantwortliche, die umweltfreundliches Verhalten ihrer Beschäftigten stärken wollen, können sich z.B. bei der Auswahl von Bewerbenden auf die Erkenntnisse zu individuellen Unterschieden stützen. Zudem können HR-Instrumente (z. B. Arbeitsgestaltung, Mitarbeiterbindung) eingesetzt werden, um die positive Einstellung zum Arbeitsplatz (z. B. Arbeitszufriedenheit und Engagement) sowie die arbeitsbezogene Wahrnehmung der Unterstützung für ökologische Nachhaltigkeit durch die Organisation und durch Vorgesetzte zu erhöhen. Auf Grundlage der Erkenntnisse zur Theory of Planned Behavior können zudem Interventionen entworfen und implementiert werden, die die umweltfreundliche Einstellung, die wahrgenommenen Normen und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle der Beschäftigten systematisch verbessern.
Gleichzeitig ist es jedoch auch wichtig, HR-Praktiken zu implementieren, die sicherstellen, dass sich die umweltfreundlichen Absichten der Beschäftigten auch auf höheren Ebenen wiederfinden, z. B. durch die Kommunikation umweltfreundlicher Unternehmensrichtlinien sowie die Schaffung eines umweltfreundlichen Organisationsklimas.
Quelle: Katz, I. M., Rauvola, R. S., Rudolph, C. W., & Zacher, H. (2022). Employee green behavior: A meta-analysis. Corporate Social Responsibility and Environmental Management, 29(5), 1146– 1157. https://doi.org/10.1002/csr.2260