Die täglichen Entscheidungen und Handlungen von Menschen beeinflussen unsere direkte Umwelt. Sie summieren sich zum individuellen ökologischen Fußabdruck und sind daher von großer Relevanz. Diese Entscheidungen und Handlungen werden zu einem großen Teil von Emotionen beeinflusst und gesteuert. Besonders die Emotionen Stolz und Schuld haben einen großen Einfluss. Diese steuern moralisches und prosoziales Verhalten, weshalb sie für umweltfreundliche Verhaltensweisen eine wichtige Rolle einnehmen.
In einer Studie von Bissing-Olson und Kolleg:innen (2016) wurden diese Zusammenhänge betrachtet bzw. konkret folgende drei Fragestellungen untersucht:
Löst umweltfreundliches Verhalten Gefühle von Stolz und Schuld aus?
Führen Gefühle von Stolz und Schuld zu umweltfreundlichem Verhalten?
Wird die Beziehung zwischen Emotionen und anschließendem umweltfreundlichem Verhalten durch Merkmale des wahrgenommenen sozialen Kontextes, wie z.B. wahrgenommene soziale Normen, beeinflusst?
"Wenn die Teilnehmer:innen der Studie das Gefühl hatten, dass Menschen, die ihnen wichtig sind, mehr für die Umwelt tun, sagte der Stolz der Teilnehmer:innen auf ihr früheres Verhalten ein umweltfreundlicheres Verhalten in der Zukunft voraus."
Löst umweltfreundliches Verhalten Gefühle von Stolz und Schuld aus?
Das Erleben selbstbewusster Emotionen wie Stolz und Schuld basiert im Wesentlichen auf der Bewertung des eigenen Verhaltens, wobei die Beurteilung auf Grundlage persönlich wichtiger Normen und Werte erfolgt. Soziale Normen sind Regeln oder Standards für das Verhalten der Mitglieder einer Gruppe. Eine weit verbreitete Norm in der Gesellschaft ist z.B., keinen Müll auf den Boden zu werfen. Meistens fallen Normen erst bei Nichtbeachten auf, da dann eine negative Reaktion des Umfeldes erfolgt. Wenn Menschen glauben, dass etwas, das sie getan haben, moralisch und wertvoll ist, werden sie wahrscheinlich stolz auf dieses Verhalten sein. Wenn Menschen dagegen der Meinung sind, dass ihr Verhalten unmoralisch und unangemessen ist, fühlen sie sich wahrscheinlich schuldig für dieses Verhalten. Umweltfreundliches Verhalten ist positiv und gesellschaftlich erwünscht und führt daher zu einer Verstärkung von positiven Emotionen und einer Reduktion von negativen Emotionen. Die Studie konnte zeigen, dass umweltfreundliches Verhalten mit einer Verstärkung des Gefühls des Stolzes und einer Minderung des Gefühls der Schuld verbunden ist.
Führen Gefühle von Stolz und Schuld zu umweltfreundlichem Verhalten?
Die Forschenden untersuchten zudem auch den umgekehrten Effekt, d.h. ob die Konsequenz von positiven Emotionen wie Stolz die Motivation zu weiterem prosozialem Verhalten sein könnte. Genauso könnten auch Schuldgefühle zu späterem umweltfreundlichem Verhalten motivieren, da sie Wiedergutmachungsmaßnahmen auslösen könnten. Die Studienergebnisse zeigten diesen Effekt hier allerdings nicht.
Wird die Beziehung zwischen Emotionen und anschließendem umweltfreundlichem Verhalten durch Merkmale des wahrgenommenen sozialen Kontextes, wie z.B. wahrgenommene soziale Normen, beeinflusst?
Zuletzt gingen die Autor:innen noch einmal genauer auf die Rolle der sozialen Normen ein. Hier wurden deskriptive Normen betrachtet, d.h., dass das Verhalten, was Menschen tatsächlich ausführen, als Standard gilt. Sie spiegeln Vorstellungen darüber wider, was gutes oder effektives Verhalten ist und was in der Gesellschaft akzeptiert wird. Daraus lässt sich ableiten, dass die Motivation, sich umweltfreundlich zu verhalten, größer ist, wenn Menschen positivere deskriptive Umweltnormen wahrnehmen, als wenn sie diese nicht wahrnehmen.
Wenn die Teilnehmer:innen der Studie das Gefühl hatten, dass Menschen, die ihnen wichtig sind, mehr für die Umwelt tun (d. h. positivere deskriptive Umweltnormen), sagte der Stolz der Teilnehmer:innen auf ihr früheres Verhalten ein umweltfreundlicheres Verhalten in der Zukunft voraus. Im Gegensatz dazu konnten in der Studie Gefühle des Schuldes keine weiteren umweltfreundlichen Verhaltensweisen voraussagen.
Normen in einer Gruppe können einen wichtigen Beitrag leisten, damit sich Gefühle des Stolzes über umweltfreundliches Verhalten in fortgesetztem umweltfreundlichem Handeln niederschlagen.
Emotionen können starke Auslöser für das Verhalten sein.
Die Ergebnisse der Studie geben uns zwei wichtige Erkenntnisse: Erstens ist das Engagement von Individuen in bestimmten umweltfreundlichen Verhaltensweisen mit Gefühlen von Stolz und Schuldgefühlen verbunden. Zweitens wurde gezeigt, dass Stolz bei Personen, die positivere deskriptive Umweltnormen wahrnehmen, umweltfreundliches Verhalten stärker vorhersagt als Schuld. Die Wahrnehmung eines sozialen Kontextes, wie z.B. das Team, ist wichtig, damit Gefühle des Stolzes umweltfreundliches Handeln verstärken.
Umweltfreundliche Teams bzw. einzelne Aktivitäten zur Sensibilisierung für Umwelt- und Klimaschutz haben einen großen Einfluss auf die einzelnen Mitglieder des Teams und ggf. darüber hinaus. Somit kann umweltfreundliches Verhalten auch außerhalb des Arbeitskontextes weitergetragen werden.
Quelle: Bissing-Olson, M.J., Fielding, K.S., & Iyer, A. (2016). Experiences of pride, not guilt, predict pro-environmental behavior when pro-environmental descriptive norms are more positive. Journal of EnvironmentalPsychology, 45. pp. 145-153. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2016.01.001)