Climate Change Anxiety: Warum klimaspezifische Angst ernst genommen werden sollte
- Sarah Rietze
- 26. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Aug.
Was ist Climate Change Anxiety (CCA)?
Die Klimakrise betrifft nicht nur Umwelt und Wirtschaft – sie wirkt auch tief in die Psyche vieler Menschen hinein. Eine wachsende Zahl von Menschen empfindet Climate Change Anxiety (CCA) – eine anhaltende, zukunftsgerichtete Sorge über die Folgen des Klimawandels.
Eine kürzlich erschienene Metaanalyse von Kühner et al. (2025) liefert einen Überblick über bisherige empirische Erkenntnisse zu den Auslösern und psychologischen Konsequenzen dieser spezifischen Emotion.
Forschungsfrage: Was beeinflusst CCA – und wie verarbeiten Menschen sie?
Die Autor:innen untersuchen, welche individuellen und sozialen Faktoren mit einem erhöhten oder verminderten Erleben von Climate Change Anxiety zusammenhängen. Außerdem beleuchten sie, wie Betroffene mit dieser Emotion umgehen: Zieht sie produktive Auseinandersetzung oder eher Überforderung, Vermeidung oder Rückzug nach sich?
Im Zentrum steht CCA als eigenständige, emotionsbasierte Reaktion auf die Klimakrise. Die Studie konzentriert sich dabei nicht auf spezifische Verhaltensweisen oder Arbeitskontexte, sondern auf das allgemeine psychologische Erleben.
Die Autor:innen entwickeln ein theoretisches Modell, das systematisch aufzeigt, welche Faktoren CCA verstärken oder abschwächen (Antezedenzien), und welche psychischen und emotionalen Folgen daraus entstehen können (Konsequenzen).
Das Modell unterscheidet:
Individuelle Einflussfaktoren: z. B. Umweltwerte, Selbstwirksamkeit, Kontrollüberzeugungen
Soziale Faktoren: z. B. wahrgenommene Bedrohung, soziale Unterstützung, Normen
Konsequenzen: z. B. psychisches Wohlbefinden, Rückzug oder konstruktive Auseinandersetzung, direktes umweltfreundliches Handeln
Â

Zentrale Ergebnisse
Die Metaanalyse zeigt ein differenziertes Bild davon, wer besonders häufig von Climate Change Anxiety betroffen ist, welche Faktoren sie beeinflussen – und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.
Menschen, die jünger sind, sich als weiblich identifizieren oder über ein höheres Maß an Neurotizismus verfügen, erleben CCA häufiger als andere. Auch Personen, die sich stark mit Umweltthemen beschäftigen, sich intensiv mit der Zukunft auseinandersetzen oder linksgerichtete politische Einstellungen vertreten, zeigen ein erhöhtes Maß an klimaspezifischer Angst. Zudem scheint der Medienkonsum eine Rolle zu spielen: Wer regelmäßig Informationen über den Klimawandel aufnimmt oder sich direkt von seinen Folgen betroffen fühlt, ist ebenfalls stärker betroffen.
Die Wahrscheinlichkeit, CCA zu empfinden, steigt deutlich, wenn Menschen fest an den Klimawandel glauben, ihn als bedrohlich wahrnehmen und überzeugt sind, dass es einen breiten wissenschaftlichen Konsens über die Dringlichkeit der Krise gibt. Diese kognitiven Einschätzungen scheinen die emotionale Reaktion auf die Klimakrise entscheidend zu prägen.
Die Konsequenzen sind ambivalent: Einerseits ist CCA mit einer erhöhten psychischen Belastung und einem Rückgang des subjektiven Wohlbefindens verbunden. Andererseits geht sie auch mit einem stärkeren Engagement für Klimaschutz einher. Entscheidend ist, ob Betroffene über Ressourcen wie Selbstwirksamkeit und soziale Unterstützung verfügen: Dann kann sich CCA in produktive Auseinandersetzung und Handlungsbereitschaft verwandeln. Fehlen diese Bedingungen, drohen Überforderung, Rückzug oder Resignation.
Fazit: CCA ist kein pathologisches Phänomen, sondern eine ernstzunehmende Reaktion auf reale Bedrohung
Die Studie von Kühner et al. zeigt: Climate Change Anxiety ist weder irrational noch hinderlich – solange sie in einem unterstützenden Umfeld verarbeitet werden kann. Sie verweist auf eine emotionale Dimension der Klimakrise, die bisher oft übersehen wurde.
Was bedeutet das für Green Leadership?
Auch wenn sich die Studie nicht explizit auf den Arbeitskontext bezieht, lassen sich aus ihren Ergebnissen wichtige Schlussfolgerungen für Unternehmen und insbesondere für Führungskräfte mit Nachhaltigkeitsanspruch ziehen:
Climate Change Anxiety zeigt sich auch im Berufsleben – Mitarbeitende bringen ihre klimaspezifischen Sorgen mit zur Arbeit. Wer in verantwortlicher Position ist, sollte dafür ein offenes Ohr entwickeln.
Green Leader sollten psychologische Sicherheit schaffen: Räume, in denen Sorgen über die Klimakrise ernst genommen werden, fördern langfristiges Engagement. Die Angst vor dem Klimawandel ist nicht irrational, sondern Ausdruck von Verantwortungsgefühl.
Führung kann CCA kanalisieren: Indem sie Handlungsspielräume aufzeigt, Beteiligung ermöglicht und soziale Unterstützung betont, kann sie helfen, dass aus Angst nicht Rückzug, sondern Auseinandersetzung entsteht.
Kurz: Wer den ökologischen Wandel in Organisationen gestalten will, sollte nicht nur über CO₂ sprechen – sondern auch über Emotionen. Dafür braucht es Räume für emotionalen Ausdruck, Anerkennung dieser Angst – und Strategien, um mit ihr konstruktiv umzugehen.
Quelle: Kühner, C., Gemmecke, C., Hüffmeier, J., & Zacher, H. (2025). Climate change anxiety: A meta-analysis. Global Environmental Change, 93, 103015. https://doi.org/10.1016/j.gloenvcha.2025.103015